Lese-Rechtschreibstörungen oder Dyskalkulie machen Schule für einige Kinder zu einer besonderen Belastung. Die Entwicklungsförderung der Caritas hilft in genau solchen Fällen. Hier stellen wir das Angebot einmal vor.
Manche Kinder rechnen selbst einfachste Aufgaben in der sechsten Klasse noch mithilfe ihrer Finger unter dem Schultisch. Andere machen auffallend viele Rechtschreibfehler oder zeigen erhebliche Schwierigkeiten beim Lesen. Diese oft angeborenen Rechen-, Lese-, oder Rechtschreibstörungen können bei den Betroffenen Ängste auslösen. Auf Dauer kann sogar eine seelische Behinderung drohen. „In dem Fall kommen wir ins Spiel“, berichtet Manjou Jamin von der Entwicklungsförderung in der Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern des Caritasverbandes für das Dekanat Bocholt. „Die Schüler*innen haben meist einen längeren Leidensweg hinter sich und sind stark geschwächt in ihrem Selbstwert. In der Reduzierung der Ängste und Nöte, aber auch in der Zurückerlangung ihres Selbstwertes begleiten wir die Kinder und Jugendlichen intensiv. Dies stellt neben der Förderung einer LRS oder einer Dyskalkulie sowie der Umfeldarbeit mit den Lehrkräften und den Eltern, einen wesentlichen Bestandteil der Entwicklungsförderung dar.“, so Manjou Jamin.
Experten gehen davon aus, dass 2 bis 9 Prozent der Weltbevölkerung eine Lese- sowie Rechtschreibstörung haben und 3 bis 8 Prozent unter einer Rechenstörung leiden. „Diese Menschen sind deshalb nicht weniger intelligent, haben aber signifikante Schwierigkeiten im Lesen, Schreiben und/oder Rechnen“, beschreibt Manjou Jamin. Ein Beispiel: Manche Kinder schreiben das Wort Hund innerhalb eines Textes auf vier verschiedene Art und Weisen, da sie unter anderem Schwierigkeiten haben das Gehörte in die korrekte Schriftsprache zu übersetzen.
Hier können die Experten Hilfestellungen geben. Bei Kindern mit Rechenstörung beispielsweise beginnt es vielfach mit dem Erfassen des Zehner-Raumes. „Erst wenn man das Rechnen bis zur Zahl 10 sicher beherrscht, kann man den Sprung zu den größeren Zahlen wagen“, erläutert Manjou Jamin. „Wenn ein Aufsatz etwa sehr gut ist, aber voller Rechtschreibfehler steckt, dann kann die Lehrkraft die Rechtschreibleistung nicht in die Benotung miteinbeziehen. Auch besteht unter anderem die Möglichkeit mehr Zeit zu erhalten und Aufgabenstellungen vorzulesen“, erklärt Jamin. Gerade im Kontext Schule sei es daher wichtig, dass die Betroffenen einen sogenannten Nachteilsausgleich erhalten. Auch darum kümmert sie sich gemeinsam mit ihren Kolleginnen Raja Hartmann und Jutta Terhorst-Friedrichs.
Mit Hilfe von Einzelförderung erhalten die Kinder und Jugendlichen 1,5 Stunden pro Woche ein individuelles Förderangebot, um an den Teilleistungsstörungen zu arbeiten und den sozial-emotionalen Bereich umfassend zu fördern. Dabei weiß sie: „Wir können heute viel machen. Aber ganz verlieren wird man diese Schwäche nicht.“ Darum aber geht es ihrer Meinung nach auch nicht. Wichtiger sei es, den Betroffenen Mut zu machen, Ängste zu nehmen, Selbstbewusstsein zu vermitteln und so einen Umgang mit dem Störungsbild zu erlernen, um so eine vorhandene oder drohende seelische Behinderung zu bewältigen.
„Wir erleben immer wieder, dass der Weg für Betroffene sehr lang und beschwerlich ist. Viele bleiben Jahrelang in dem Zustand von Versagensängsten hängen. Denn zwischen dem Erkennen von Problemen bei den Betroffenen und der Vermittlung an die passende Hilfe wie z.B. Entwicklungsförderung können Monate oder teilweise Jahre liegen“, weiß Dr. Karin Nachbar, Leiterin der Beratungsstelle. Denn vor der konkreten Förderung steht die Diagnostik. Die läuft meist über das Sozialpädiatrische Zentrum (SPZ) in Bocholt. Danach werde geklärt, in welchem Rahmen Förderung stattfinden kann. Die Entwicklungsförderung muss dann beim Jugendamt beantragt werden. „Häufig melden sich die Eltern aber direkt bei uns, weil die schulischen oder seelischen Probleme der Kinder ihnen Sorgen bereiten. Wir beraten dann über mögliche Wege“, sagt Karin Nachbar.
Wenn z.B. wie jetzt, nach den Zeugnisausgaben, schneller Rat gefragt ist, können Kinder, Jugendliche aber auch Eltern das Zeugnistelefon der Bezirksregierung Münster oder die Nummer gegen Kummer kontaktieren. Dort gibt es in den Tagen nach der Zeugnisausgabe ein offenes Ohr und Tipps, wo sich Kinder und Eltern Rat und Hilfe holen können.
Zeugnistelefon: www.schulministerium.nrw/zeugnistelefon 02514114199 am 26/29/30. Januar von 10-12 und 13 bis 15 Uhr
Nummer gegen Kummer: 116111 für Kinder und Jugendliche montags-samstags 14-20Uhr, 0800 111 0 550 (Elterntelefon) montags-freitags zwischen 9 und 17 Uhr